Borkarbid (B4C)

Borcarbid ist eine schwarze Keramik und nach Diamant eines der härtesten bekannten Materialien. Seine Zusammensetzung variiert abhängig von den Produktionsparametern zwischen B4,3C und B10,4C, wobei technisches Borcarbid in der Regel an der kohlenstoffreichen Grenze liegt und meist vereinfacht als B4C bezeichnet wird.

Durch seine hohe Härte und E-Modul ist Borcarbid besonders verschleißfest. Dementsprechend wird es für Düsen von Sandstrahlanlagen, sowie als Strahlmittel verwendet. Dieselben Eigenschaften ermöglichen den Einsatz als ballistischen Körperschutz, der aufgrund der geringen Dichte von B4C zu nennenswerten Gewichtseinsparungen gegenüber herkömmlichen Materialien für die Körperpanzerung führt [SCH15].

Dabei ist besonders herauszuheben, dass die Härte auch bei hohen Temperaturen noch erhalten bleibt, so dass Borcarbid oberhalb von 1000 °C das härteste bekannteste Material ist [Hül14]. Es ist jedoch zu beachten, dass der Einsatz über 1000 °C an Luft nicht zweckmäßig ist, da Reaktionen an der Oberfläche zu kontinuierlicher Zersetzung des Materials führen [Li07]. Schon ab 500 bis 600 °C bildet das Borkarbid innerhalb kürzester Zeit eine Oxidschicht aus, in der sich anschließend allein durch den Abkühlvorgang Risse bilden [Li07] [Sal07]. An feuchter Luft entsteht eine wasserstoff- und sauerstoffhaltige Randschicht [Sal07]. Auch in Abwesenheit einer oxidierenden Atmosphäre bleibt das Material nicht bis zum Schmelzpunkt von 2600 °C stabil, sondern zeigt Zersetzungsreaktionen an der Oberfläche ab 1800 °C [Jim98].

Zum Einsatz kommt Borkarbid insbesondere in Bereichen, in denen eine hohe Härte mit niedrigem Bauteilgewicht benötigt wird [Red13]. Die Dichte liegt bei nur 2,5 g/cm3 [Red13]. Die Panzerung gegen Schockbelastungen ist daher ein typischer Anwendungsfall [Sal07] [Che03]. Hinzu kommt die Anwendung im Bereich der Nukleartechnik, da Borkarbid ein exzellenter Neutronenabsorber ist [Laz99]. Die hohe Härte macht das Material ideal für alle Anwendungen, in denen tribologische Belastung vorherrscht [Laz99]. Borkarbid wird daher eingesetzt für Auskleidungen von Mörsern und Kugelmühlen [Sal07].

Zusätzlich wird Borkarbid zum Borieren von Stählen verwendet. Die dadurch entstehenden Eisenborid-Verbindungen an der Oberfläche verleihen dem Stahl bessere Resistenz gegen Reibung und chemische Beanspruchungen [Sch15].

Trotz der herausragenden Eigenschaften des Materials bezüglich der Härte und der Verschleißbeständigkeit sind einige Limitierungen zu beachten.

Eine wesentliche Herausforderung stellt der Umgang mit dem spröden Verhalten des Materials und der niedrigen Risszähigkeit dar. Es ist durch eine höhere Verdichtung auf 95% der theoretischen Dichte [Sal07] möglich, dieses Verhalten abzumildern, jedoch ist das dafür nötige Heißpressverfahren sehr kostspielig [Hal89]. Eine andere Möglichkeit sind die Infiltration mit metallischer Schmelze [Hal89] oder die Beimischung von beispielsweise TiB2 [Hül14] oder Al4C3 [Sch15].

Die hohe chemische Reaktivität von Borkarbid mit Metallen ist dafür verantwortlich, dass die Verwendung als Schneidwerkstoff trotz der hohen Härte sehr begrenzt ist [Sal07]. Auch die Anwendung als ballistischer Schutz ist ab einer gewissen Projektilgeschwindigkeit nicht mehr möglich, da ab einer bestimmten Schockbelastung aufgrund mikroskopischer Phänomene der Widerstand gegen Scherungsbelastung drastisch sinkt [Che03] [Red13].

Eine Besonderheit des Borcarbids ist auf chemischer bzw. kristallographischer Ebene zu finden. Borkarbid liegt im rhomboedrischen Kristallgitter vor und die Atome bilden miteinander starke kovalente Bindungen aus, die die hohe Härte begünstigen [Red13]. Das Gitter weist eine sehr hohe Löslichkeit auf, so dass die Zusammensetzung des Materials zwischen B4C und B10C schwanken kann, ohne dass eine neue Phase gebildet wird [Bal07].

Eine hohe Bedeutung kommt im Falle des Borkarbids dem Herstellungsprozess zu. Ihre herausragenden Eigenschaften zeigen die Bauteile aus Borkarbid, wenn ein sehr feines und homogenes Gefüge im Herstellungsprozess eingestellt wird [Hül14]. Da die Diffusionskoeffizienten von Kohlenstoff und Bor im Borkarbid relativ gering sind, bietet sich das Presssintern oder das heißisostatische Pressen an [Hül14] [Bre03]. Dadurch wird die Verdichtung zusätzlich zur thermisch aktivierten Diffusion auch durch Druck vorangetrieben [Hül14]. Der Sintervorgang erfolgt bei etwa 2000 °C unter Inertgasatmosphäre [Bre03]. Drucklos gesintertes Borkarbid hat aufgrund des entstehenden gröberen Gefüges und der Restporosität keine zufriedenstellenden mechanischen Eigenschaften [Sal07].

Die Synthese von Borkarbid erfolgt nach dem Prinzip des Acheson-Verfahrens, das für die Produktion von Siliziumkarbid verwendet wird. In einem Elektrolichtbogenofen oder einem widerstandsbeheizten Ofen wird dabei elektrische Energie eingebracht, um die stark endotherme Reaktion ablaufen zu lassen. Es müssen etwa 2500 °C erreicht werden, um eine zufriedenstellende Ausbeute an Borkarbid zu erzielen. Als Ausgangsmaterialien dienen dabei Boroxid und Petrolkoks, die in Borcarbid und Kohlenmonoxid überführt werden [Sal07]. Schlussendlich wird das gewonnene Borkarbid zu Pulver zermahlen.

Sofern feinere Kristalle im Bereich von 0,1 bis 1,5 μm gefordert sind, ist eine Zugabe von Magnesium, welches im Nachhinein in Form von Magnesiumoxid entfernt wird, sinnvoll [Sch15]. Für noch feinere Kristalle sind Herstellungsverfahren wie CVD oder plasmaunterstützte Methoden denkbar, die jedoch mit größeren Kosten verbunden sind [Sch15].

Typische chemische Zusammensetzungen:

IKH 915

Borkarbid (B4C) 2mm – 20m2/g

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Anwendungsbeispiele

Poliermittel, Läppmittel, Heißpresspulver

IKH 640

Borkarbid (B4C) RTP

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Anwendungsbeispiele

Fräswerkzeuge, Neutronenabsorbermaterial, Ballistik, technische Keramikdüsen, Schneidwerkzeuge, Verschleißschutz, für kalt-isostatisches Pressen, Grünbearbeitung, Teile mit komplexer Geometrie

IKH 655

Siliziumcarbid/ Borcarbid (SiC/B4C) 60/40, RTP

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Anwendungsbeispiele

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